Retro-Check: Autobahn Total

Rennen auf vielen verschiedenen deutschen Autobahnabschnitten: Klingt in der Theorie nach einem total abgefahrenen Erlebnis. Doch der Totalschaden in dieser Autobahn-Raser-Inspiration ist höher als gedacht. Da existierte mit „Autobahn Raser“ schon ein mittelmäßiges Rennspiel mit deutschen Schauplätzen, kommt Ende 1999 vom Publisher IncaGold das von Brightstar entwickelte „Autobahn Total“ um die Ecke geschossen, welches sich … weiter

Autobahn Raser III: Die downloadbaren Zusatzinhalte!

Der dritte Teil der hierzulande sehr beliebten Rennspiel-Reihe „Autobahn Raser“, der Ende 2000 erschien, bot erstmals eine Story an und die Fahrzeuge hatten Charaktere. Zwar alles nicht sonderlich spannend gestaltet, aber wir reden hier von dem Casual-Rennspiel, dass sich vor allen Dingen durch den cleveren Titel bestens verkauft hat. Vor allen Dingen mit der Fahrphysik … weiter

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Retro-Check: Autobahn Total

kepu am 17.Januar 2022 um 11:01:19

Rennen auf vielen verschiedenen deutschen Autobahnabschnitten: Klingt in der Theorie nach einem total abgefahrenen Erlebnis. Doch der Totalschaden in dieser Autobahn-Raser-Inspiration ist höher als gedacht.


Da existierte mit „Autobahn Raser“ schon ein mittelmäßiges Rennspiel mit deutschen Schauplätzen, kommt Ende 1999 vom Publisher IncaGold das von Brightstar entwickelte „Autobahn Total“ um die Ecke geschossen, welches sich dem gleichen Thema widmet: hemmungslos über deutsche Autobahnen düsen, koste es was es wolle. Während es in „Autobahn Raser“ auch durch Städte geht, behandelt „Autobahn Total“ gemäß Titel nur Autobahnabschnitte, angeblich welche aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und ein bisschen aus den Niederlanden.

Während die Auswahl der ganzen 32 Strecken mit zehn unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen sehr üppig klingt, gibt es mit gerade mal zwei Porsche-Modellen eine eher dürftige Fahrzeugauswahl. Als fahrbare Untersätze stehen ein 911er und ein 944er in jeweils fünf Farben zur Verfügung. Entweder lernt man die Streckenabschnitte im Zeitrennen alleine kennen oder tritt im Duell gegen einen Gegner an. Der Gewinner wird reichlich belohnt: mit einer Anzeige, dass er gewonnen hat. Es gibt schließlich nichts zum freischalten.

Ein einzelner Reifen muss als Ladebildschirm herhalten und man kann zurecht fragen: haben die (Macher) ein Rad ab? Was zur Hölle lädt der da so lange? Zumindest auf dem Testsystem betrug die Ladezeit gerne eine knappe Minute, dabei besteht der überwiegende Teil der Ladezeit sogar aus einem schwarzen Bildschirm. Da ist es allerdings löblich, dass das Rennen nicht sofort losgeht oder mit einem Countdown angekündigt wird, sondern ein Tastendruck dieses erst beginnen lässt. Das muss allerdings nicht die Leertaste sein, wie das Spiel es blinkend mitteilt.

Und egal, welche Strecke man startet, alle sehen gleich aus. Autobahnen können zwar durchaus gleich aussehen, aber im wahren Leben bieten sie dennoch mehr Variation als die Autobahnen in „Autobahn Total“. Hin und wieder Ausfahrten mit Brücke, ab und zu ein Tunnel, irgendwann kommt eine Kurve und vielleicht noch eine. Das wars. An der Seite zieren noch ein paar Gebäude hinter dem Hügel das Spielgeschehen. Parkplätze? Ach was. Baustellen? Nerven eh. Mal eine vier- statt sechsspurige Autobahn? Aufwendig zu programmieren.

Nicht nur der Motorensound der beiden Porsche-Modelle ist absolut grottig, die Steuerung ist es ebenso. Eine Lenkbewegung bremst das Fahrzeug massiv aus und Kurvenfahrten führen meist zu einer höllischen Untersteuerung. Ulkigerweise hilft eine Stotterbremsung dabei, dem Kuss der Leitplanke zu entkommen. Und manchmal muss nicht einmal die Pfeiltaste gedrückt werden, um das Fahrzeug zu beschleunigen. Das Spiel bietet mit dieser verkorksten Steuerung eine Herausforderung, die es so nicht geben sollte.

Und die künstliche Intelligenz? Eher eine künstliche Blödheit. Die Packung meint, „der Verkehr [wird] wirklichkeitsnah simuliert“. Die ständigen Spurwechsel und die häufige Missachtung des Rechtsfahrgebots sprechen dafür. Doch die Fahrzeuge kollidieren öfter als es einem lieb ist. In diesem Spiel passieren auf der gesamten Strecke mehr Unfälle als auf einem eisglatten Gehweg bei Minustemperaturen und gefrierender Nässe. Selbst wenn es bei den Modellen für den Straßenverkehr mehr Variation gibt als dem Spieler zur Verfügung steht, gibt es keine LKW. Dafür aber massenweise Busse, die eigenartigerweise so stark wackeln als würden sie jedes Straßenloch mitnehmen. Und die Modelle kennen nur Ecken und Kanten, aber keine Rundungen.

Im Duell gibt es immer nur einen Gegner, der das andere Porsche-Modell fährt als der Spieler, dafür immer in rot. Wenn es Momente gibt, wo man diesen Gegner problemlos überholen könnte, greift eine eigenartige Technik, die ihn plötzlich auf magische Art und Weise mehr Schub gibt. Das führt zu einer Aggression in Form von Rammen. Sobald der Gegner in der Nähe des Spielerfahrzeugs ist, lässt dieser keine Gelegenheit aus, dieses wegzuschieben. Und baut der Kontrahent selber einen Unfall, wird das eigene Fahrzeug seltsamerweise ausgebremst. Das passiert nicht immer, aber es ist ein eigenartiges Gummiband-Phänomen.

Das Rennen ist vorbei, wenn die Zielentfernung am oberen Rand des Bildschirms auf 0 steht. Dann wird das Bild ausgeblendet und eine kleine Statistik wird angezeigt, während der Porsche eine Ausfahrt auf einem Autobahnkreuz nimmt. Eine Variation, die man im gesamten Spiel schmerzlich vermisst. Einmal ist es im Test vorgekommen, dass das Fahrzeug plötzlich quergestellt die Ausfahrt nimmt. Das konnte allerdings nicht mehr wieder reproduziert werden.

Es gibt noch weitere Ungereimtheiten. Die Streckenangaben bei der Auswahl machen keinen Sinn. Zum Beispiel soll die Autobahnstrecke zwischen Duisburg und Bonn 4km lang sein. Oder die Strecke zwischen Hennef und Kerkrade, die ist mit 22km angegeben. Das kann man noch einsehen, dass man das nicht so exakt angeben könnte. Der Publisher sollte dann allerdings sinnvolle Gründe vorlegen, warum in der Anleitung Tastenbelegungen erwähnt werden, die es gar nicht gibt. Mit der Leertaste soll man hupen können, im Spiel passiert da gar nichts. Mit der Umschalttaste (bzw. Shift) soll man das Licht einschalten können, im Spiel löst das die Hupe aus. Das Licht lässt sich absolut nicht ansteuern.

Um die Nutzerunfreundlichkeit noch vollständig zu machen, erstellt die Installation weder einen Startmenüeintrag noch eine Verknüpfung auf dem Desktop. Gibt es nach all dem Gemecker eigentlich irgendwas positives zu berichten? Das Menü ist immerhin übersichtlich und unkompliziert gestaltet, selbst wenn man die Musikeinstellungen mit in die Detailstufen platziert hat. Und die Musikauswahl klingt recht gut, wäre die Audioqualität von ihr nicht grottenschlecht.

Die Grafik ist nicht die allerbeste und die Weitsicht lässt zu wünschen übrig. Mehr als 640×480 Pixel in der Auflösung sind nicht drin, selbst im Direct3D-Modus. Die verschiedenen Detailstufen machen allerdings keinen großen optischen Unterschied. Auf dem Testsystem (Intel Pentium II 350, 256MB RAM, 3dfx Voodoo3 3000, Windows 98 SE) lief das Spiel flüssig, sofern wenig oder gar kein Verkehr vorhanden war. Sobald sich der Verkehr regelrecht vermengt hat, ging die Framerate stark runter, aber nicht so stark, dass daraus eine Slideshow wurde.

Fazit

Spiele wie „Autobahn Total“ gehören gewiss nicht auf die Überholspur, sondern auf den Pannenstreifen. Die Variationslosigkeit der 32 Strecken bietet mehr Quantität statt Qualität, die sich mit dem mangelhaften Fuhrpark und der absolut dämlichen KI anfühlen wie auf einem Fahrsicherheitstraining im öffentlichen Straßenverkehr. Der Alltag auf deutschen Autobahnen ist zwar schon etwas chaotisch, dennoch haben die Macher mit diesem Spiel fast schon unfreiwillig eine Persiflage davon geschaffen, ohne dies jemals auf der Packung zu erwähnen. Wer Spaß auf virtuellen deutschen Strecken sucht, ist mit dem mittelmäßigen „Autobahn Raser“ tatsächlich besser beraten.

VN:F [1.9.22_1171]
Bewertung: 5.0/5 (5)
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Autobahn Raser III: Die downloadbaren Zusatzinhalte!

kepu am 11.Mai 2020 um 22:05:02

Der dritte Teil der hierzulande sehr beliebten Rennspiel-Reihe „Autobahn Raser“, der Ende 2000 erschien, bot erstmals eine Story an und die Fahrzeuge hatten Charaktere. Zwar alles nicht sonderlich spannend gestaltet, aber wir reden hier von dem Casual-Rennspiel, dass sich vor allen Dingen durch den cleveren Titel bestens verkauft hat. Vor allen Dingen mit der Fahrphysik hat es der niederländische Entwickler Davilex fast schon übertrieben, denn die Autos lassen sich kaum kontrollieren. Das wird noch schlimmer, sobald diese mit Gegenständen oder anderen Fahrzeugen kollidieren.

Hat man die „Tour“ genannte Kampagne durchgespielt, stehen einem weitere Strecken und der Kommissar Krüger mit seinem übertriebenen Hummer-Gefährt im Quickrace zur Auswahl. Jedoch gibt es im Quickrace noch ein wenig mehr: neben einer Country-Etappe gibt es den „Schatten“ als spielbaren Charakter. „Der Schatten“ ist laut Handbuch „der geistige Vater des Autobahn Raser Clubs“. Beide Sachen konnte man auf der Internetseite von Davilex herunterladen. Knapp 20 Jahre später ist das freilich nicht mehr möglich, aber schon damals gab es „Downloadable Content“, kurz DLC. Hier immerhin kostenlos.

Die von Laszlo Erdös geführte Seite lafix.de hat diese beiden herunterladbaren Zusatzinhalte von der offiziellen Internetseite retten können und bietet diese selber zum Download an. Mangels genügend gespeicherten Websites von Davilex im Web Archive gibt es von der offiziellen Internetseite, wo es diese Zusatzinhalte gab, nichts mehr zu sehen.

Man erhält ein 1,33 MB großes ZIP-Archiv mit zwei Setup-Dateien, „car_update.exe“ mit einer Dateigröße von 535 KB und „track_update.exe“ mit einer Dateigröße von 829 KB. Ende 2000 war eine Internetleitung daheim für viele noch Luxus, da hat sich ein Ausflug zum Internet-Café mit einer 3,5″-Diskette gelohnt, denn die Dateien passen locker darauf. Beide Dateien sind flott installiert, bieten aber kurioserweise einen Windows-Neustart an, der überhaupt nicht notwendig ist.

Im Auswahlmenü verschwinden die Hinweise fürs Herunterladen und der „Weiter“-Button ist auswählbar. Die Country-Etappe ist die einzige Strecke, wo es keine Karte in der Vorschau gibt. Und der Charakter „Der Schatten“ hat die gleichen Fahreigenschaften wie „Krüger“. Wer das Spiel vorher noch nicht durchgespielt hat, kriegt mit dem „Schatten“ quasi sofort ein leistungsstarkes Fahrzeug mit den bestmöglichen Eigenschaften.

Das Rennen auf der Country-Etappe beginnt, einerseits mit den üblichen Verdächtigen, andererseits mit einem gigantischen LKW mit einer dunklen Schattierung eines Fahrers am Steuer. Womöglich ist es sogar der LKW aus dem Hauptmenü, nur ohne Anhänger. Bedingt durch die furchtbare Fahrphysik des Spiels steuert sich der LKW sehr eigenartig und neigt gerne zum Kippen. Immerhin hat es ein – für das Spiel wohlgemerkt – nettes Schadensmodell, sogar einer der Achsen kann optisch beschädigt werden.

Die Strecke wiederum ist für den deutschen Spieler neu, allerdings nicht für Spieler von „A2 Racer III: Europa Tour“ und „London Racer“. Dort existiert diese Strecke in einer leicht anderen Variante unter dem Namen „Country route to London“. Da ist es wenig verwunderlich, dass es auf der Strecke englische Schilder und Linksverkehr gibt. Verwirrend ist die Anwesenheit sowohl von niederländischen als auch deutschen Polizeifahrzeugen. Ansonsten gibt es eine Landstraße mit einigen Baustellen, Sprungschanzen und einer Tankstelle, wirklich viel spannendes gibt es nicht.

In meinem Test wollte sogar die Kombi mit dem Charakter „Der Schatten“ auf der Country-Etappe nicht reibungslos funktionieren. Wenige Meter vor der Ziellinie schmeißt mich das Spiel mit der Fehlermeldung „Unhandled exception!“ zurück ins Menü. Das passiert aber nur mit der Kombi. Wird ein anderes Fahrzeug auf der Country-Etappe genutzt, kann das Rennen abgeschlossen werden. Ebenso funktioniert „Der Schatten“ auf den bereits im Spiel existierenden Strecken problemlos.


Die kleinen Extrawürste erweitern den Inhalt von „Autobahn Raser III“ jetzt zwar nicht in astronomischen Höhen, sind aber eine nette Dreingabe. Zumal diese auch noch kostenlos ist. Nur den Fehler mit dem Konflikt zwischen neuer Strecke und neuem Charakter hätte man ausmerzen können.

VN:F [1.9.22_1171]
Bewertung: 5.0/5 (3)
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