
Dark Corners of the Earth ist bereits das dritte Spiele, das auf die namensgebende Romanvorlage Cthulhus Ruf (The Call of Cthulhu) von H.P. Lovecraft, einem bekannten US-Amerikanischen Schriftsteller, basiert. Genauer gesagt sammelt H.P. Lovecraft in seinen Cthulhu Romanen und Kurzgeschichten Hinweise auf die Existenz eines ĂŒbernatĂŒrlichen Wesens namens Cthulhu, oftmals wird es gar als eine Gottheit bezeichnet. Inwieweit das Spiel Call of Cthulhu ĂŒberzeugt, erfahrt Ihr in diesem Testbericht â ganz egal ob Ihr die Romane kennt oder nicht. Der Protagonist, in dessen Rolle Ihr schlĂŒpft, heiĂt Jack Walters und arbeitet bei einer in Massachusetts ansĂ€ssigen Polizei als Ermittler. Aufgrund von fĂŒnf abgeschlossenen FĂ€llen in Rekordzeit, galt er in Boston zunĂ€chst als ein regionaler Held.
Allerdings litt Walters an starken Amnesien, Wahnvorstellungen und weiteren psychischen Störungen, die durch einen Einsatz 1916 in einem nahegelegenen Haus voller Leichen hervorgerufen wurden, und verbrachte gezwungenermaĂen 5 Jahre in der Anstalt von Arkham. Danach quittierte er seinen Dienst als Ermittler bei der Polizei und verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Privatdetektiv. Von einem Klienten namens Arthur Anderson, Leiter der National First-Lebensmittelkette, erhielt er im September 1922 einen rĂ€tselhaften Auftrag: Er soll aufklĂ€ren, wer eines seiner GeschĂ€fte in der fiktiven Fischerstadt Innsmouth geplĂŒndert hat und Ă€uĂert Walters gegenĂŒber sein absolutes Misstrauen gegenĂŒber dieser. Nach kurzer Spielzeit bestĂ€tigen sich Andersons Vermutungen: Die BĂŒrger gehören allesamt einer Sekte an und verbergen ein gröĂeres Geheimnis; im weiteren Story verlauf soll der âAuĂenseiterâ Walters selbst Opfer ihres Geheimen Mythos werden.
Leerer Bildschirm
Als Dark Corners of the Earth 2005 erschien, ĂŒberraschte es mit einem bis dato sehr selten dagewesenen PhĂ€nomen: Ein leerer Bildschirm, bis auf das, was der Protagonist tatsĂ€chlich zu Gesicht bekommt. Es wurde auf jegliche Anzeigen, wie z.B. ein Lebensenergiebalken, und Indikatoren vollends verzichtet. Der Gesundheitszustand von Walters drĂŒckt sich ausschlieĂlich durch VerĂ€nderung der GerĂ€uschkulisse und Erscheinen von unangenehm wirkenden Bildschirmeffekten aus. Neben physischem Schaden kann Walters auch derart in Panik geraten, dass er sich in heiklen Situationen buchstĂ€blich selbst die Kugel gibt: Der Spieler muss immer wieder gegen Walters labile Psyche ankĂ€mpfen, in entsprechenden Situationen etwa schnellst möglich einen sicheren Unterschlupf finden, denn ansonsten richtet sich Walters selbst hin. Auch dieser sogenannte Geisteszustand lĂ€sst sich nicht punktgenau durch einen Balken ablesen, sondern gibt sich durch andere Merkmale zu erkennen, beispielsweise durch schnelleren Puls oder plötzliche BeeintrĂ€chtigung der Wahrnehmung.
Schock trotz wenigen Effekten
Es ist beeindruckend, dass Call of Cthulhu das FĂŒrchten lehrt, trotz nahezu vollstĂ€ndigem Verzicht auf den damals wahrscheinlich technisch nicht realisierbaren Effektchaos: Ăhnlich wie in Amnesia: The Dark Descent, leidet man beim Spielen unter stĂ€ndigem Verfolgungswahn, der meist sogar am Höhepunkt durch eine Ănderung der GerĂ€uschkulisse bestĂ€rkt wird. Hinzu kommen Jacks Wahnvorstellungen, gegen die wir stetig ankĂ€mpfen und aus der Ego-Perspektive mitverfolgen mĂŒssen. Grafisch abwechslungsreich ist Call of Cthulhu nicht, die Farbtöne sind stilsicher immer und immer in dunklem, kontrastarmen Grau-Beige gehalten, was aber nicht zwangslĂ€ufig zu einer Eintönigkeit beitrĂ€gt, sondern auch der beklemmenden AtmosphĂ€re positiv zu Gute kommt. Die einzigartige Hintergrundmusik, fĂŒr mich als völlig unerfahrenen Musiker leider schwer weiter zu beschreiben, untermalt die Stimmung perfekt. Den Spieler am Computer schockiert allerdings auch die schwammige und völlig unausgegorene Steuerung, spĂ€testens wenn Walters die erste Wimme in die Hand bekommt, wĂŒnscht sich jeder PC-Spieler den XBOX-Controller. Das hĂ€tten die Entwickler besser ausmerzen mĂŒssen, zumal Dark Corners of the Earth ein ganzes Jahr spĂ€ter auf den PC portierte, völlig ohne grafische Ănderungen.
Schwankende Spannungskurve mit Höhepunkten
Die ersten paar Spielstunden geben dem Spieler das GefĂŒhl, ein Meisterwerk an Story spielen zu dĂŒrfen â es macht einfach unheimlich viel SpaĂ, dem Mythos in Innsmouth auf die Schliche zu kommen, teilweise ist solide Detektivarbeit gefordert, auch wenn der geĂŒbte Spieler nur selten an seine Grenzen stoĂen wird. Die AtmosphĂ€re ist, wie angesprochen, schon in den ersten Minuten beklemmenden, gerade wenn nach Abschluss eines RĂ€tsels plötzlich ein unbekanntes Wesen nachts ĂŒber die HĂ€userdĂ€cher umherspringt. Der Höhepunkte ist die darauffolgende Verfolgung durch ein Hotel in Innsmouth, es ist schnelle Reaktion gefordert und im Nu ist man vom Verfolger erwischt worden â einfach brillant, eines der bestinszenierten Höhepunkte in einem Videospiel ĂŒberhaupt. An dieser Stelle schon verliert das Spiel allmĂ€hlich an Reiz, auch wenn man im weiteren Spielverlauf noch sehr viel Freude mit der Marsh-Raffinerie haben wird â ĂŒber weite Strecken, gerade zum Ende hin, sind völlig unnötige SchieĂereien zu absolvieren, die durch eine grauenhafte Bedienung, wiederkehrende Gegner und eine strohdumme kĂŒnstliche Intelligenz einfach keinen SpaĂ machen. Es ist zwar nett anzuschauen, dass sich einige Schussverletzungen Ă€uĂerst realistisch auf den Gesundheitszustand auswirken, zu einem elementaren Spielelement hĂ€tten die SchieĂereien aber nie mutieren dĂŒrfen. Zu allem Ăbel ist auch der Schwierigkeitsgrad hoch angesetzt, und wenn man stirbt, darf man meist an einem weit zurĂŒckgelegenen Kontrollpunkt wieder von vorne beginnen â freies Speichern gibtâs nicht. An einigen Stellen jedoch ist zumindest die Möglichkeit gegeben, einen Schusswechsel zu vermeiden, Drumherum kommt man allerdings nicht â nichts fĂŒr Pazifisten.
Fazit
Es ist sehr schwierig ein faires Urteil zu fĂ€llen: An vielen Stellen beeindruckt das Spiel vollends durch seine AtmosphĂ€re, wie etwa die psychischen Störungen, die der Spieler aus Augen Jack Walters durchleben muss, oder spielerische brillante Höhepunkte, gerade zu Beginn des Spiels und weitere Innovationen, wie der anzeigeleere Bildschirm. Mit der Marsh-Raffinerie kann das Spiel auch in Mitten der Handlung ĂŒberzeugen. Zum Ende hin allerdings gewinnen Gefechte an Bedeutung, gleichermaĂen verliert die Story wiederum, der absolut Zentrale Aspekt des Horror-Trips, an Bedeutung. Ansatzweise ist Story des Spiels wahrlich ein Meisterwerk, die Ausarbeitung gerade zum Ende hin ist teils ernĂŒchternd, denn der Mythos erklĂ€rt sich plötzlich als ein schon lĂ€ngst dagewesenes PhĂ€nomen und nicht als mehr â vielleicht aber ist genau das auszeichnend fĂŒr eine Spielumsetzung eines Lovecraft Romans.
FĂŒr mich wird Dark Corners of the Earth zwar nicht als Meilenstein, aber trotzdem als ein wirklich einzigartiger Horror-Trip in Erinnerung bleiben, und ist auch heute noch fĂŒr diejenigen wĂ€rmstens zu empfehlen, die sich auf ein paar Tiefpunkte und einen schlussendlich eher unbefriedigenden Schlussteil einlassen wollen. Geheimtipp mit SchwĂ€chen!
tolle AtmosphÀre ohne Effektchaos | durchweg veraltete Grafik, schwammige Steuerung |
brillant inszenierte spielerische Höhepunkte | wenig Tiefgang der weiteren, wichtigen Charaktere |
zunĂ€chst durchdachte, interessante Story … | … die spĂ€ter durch SchieĂerein etwas an PrioritĂ€t und QualitĂ€t verliert |
interessante TagebucheintrĂ€ge, einige Dialoge … | … ohne Einflussnahme, kein freies Speichern |
schöne Detektivarbeit | |
Durchleben von Walters labiler Psyche | |
viele verworrene Schauermomente, passende Musik | |
Geisteszustand kann mit Folgen beeintrÀchtigt werden |
Einzigartiger Horror-Trip mit SchwÀchen
7,5 /10