
Da hat die Marketingabteilung von Microsoft mit der gestrigen Ankündigung, ein Startmenü würde für das unter dem Codenamen Threshold benannte Windows 9 vorbehalten, die Internet-Foren mal wieder gekonnt außer Rand und Band gesetzt. Gepfefferte Beiträge, die Microsofts Windows 8.1 verbal gänzlich zerlegen – gelegentlich mit einem Mindestmaß an Zeichen – sind zu dieser Stunde beliebter denn je. Dass sich Microsoft was die Realisierung ihrer Kundenwünsche betrifft noch nicht allzu häufig mit Rum bekleckert hat, steht außer Frage, zumal ein in vollem Umfang funktionstüchtiges Startmenü ganz oben auf der Wunschliste vieler Benutzer oder potentieller Käufer steht. Hinter dieser Meldung, gewillt sein das Startmenü umsetzen zu wollen, es aber auf die nachfolgende Windows-Ausgabe zu vertagen, ist in erster Linie gewiss wirtschaftlichen Interessen anzukreiden. Ein durchaus geschickter wie trivialer Schachzug, sollte dies überhaupt weiterhin im Sinne von Microsoft sein, Windows 9 mit dem offenkunding höchst nachgefragten, ersehnten Startmenü infolgedessen zu umwerben. Eine weitere, mögliche Theorie: Windows 9 soll schlicht und einfach das geforderte, rundum gelungene Betriebssystem werden, mit dem jeder zufrieden ist – das Startmenü muss also dementsprechend als Feature bewahrt werden.
Ich sage: Das seit Windows 95 in nahezu unveränderter – oder verschlimmbesserter Gestalt vor sich hinvegetierende Startmenü braucht in der zuletzt dagewesenen Form niemand mehr.
Hasserfüllte Beiträge oder Kommentare enthusiastischer Windows 7 User, die lt. eigener Aussage niemals zu Windows 8.1 wechseln, in einigen Monaten gegenteiliges behaupten und schließlich zu einem vollblütigen Windows 8.1er reinkarnieren, ja, solche sind durchaus wahrscheinlich.
Genug des Klamauks und mehr Sachlichkeit jetzt bitte! Denn faktisch wird das Startmenü durch eine neue Entwicklung – zumindest in dieser Funktion – exemplarisch ersetzt: Modern Ui! Mit derartigen Aussagen wandert man unter fachkundigeren Anwendern auf schmalem Grat, aber rational betrachtet wurde die Grundfunktion des Startmenüs – nämlich das Ausführen von Systemprogrammen und jeglicher Software – deutlich vereinfacht, und sogar erweitert.
Na, Lust auf ’ne Runde Battlefield 2? Zack auf die Windows-Taste hämmern und in Windeseile die Anfangsbuchstaben der gewünschten Software eingeben. Das erste Ergebnis ist für gewöhnlich Erfolg versprechend, wird automatisch markiert und ein letztes Drücken auf die Eingabe-Taste genügt zum Programmstart. Zeit gestoppt? Selbiges Vorgehen zeigt auch bei jeglichen Systemtools Wirkung. Über das Startmenü wurden zahlreiche Konfigurationsmöglichkeiten noch häufig im Zubehörs-Reiter gesucht, im Modern Ui (= Modern User Interface) ist bereits ein waager Suchbegriff ausreichend um zu den gewünschten Systemeinstellungen zu gelangen. Alternativ bietet sich ebenso ein Rechtsklick auf den seit Windows 8.1 erneut eingeführten Startbutton an, um in einem Kontextmenü die wichtigsten Systemeinstsellungen schnell aufzurufen.
Kritiker sagen der Suchfunktion im Modern Ui auch gerne nach, sie sei weitaus unpräziser was das Finden gewünschter Software anbelangt, da sie nicht auf Startmenüeinträge zurückgreift und Apps bevorzugt. Letzterer Aussage ist durchaus zuzustimmen, denn eine Begünstigung der sogenannten Desktop-Apps, also unseren guten alten Programmen, muss in den Einstellungen der Startseite (Modern Ui) explizit erteilt werden.
Allerdings erkläre ich demgegenüber den Verzicht auf Startmenüeinträge bei der Suchfunktion als Ammenmärchen. Beim Installieren von Software über die gängigsten Setup-Programme wird auch bei Verwendung von Windows 8 oder Windows 8.1 stets ein Startmenüeintrag erstellt, gelegentlich lässt sich dieser sogar noch anpassen, wobei das bei fehlendem Startmenü natürlich keinerlei, visuellen Effekt erzielt. Trotzdem sind genau solche Startmenüeinträge vorhanden – wir sehen diese eben nur nicht, die Suche bezieht die Verknüpfungen im „Startmenü-Verzeichnis“ jedoch vollauf in die Trefferliste mitein. All das, was im Startmenü vorhanden wäre, wird auch über die Suche gefunden. Einträge, die nicht als Verknüpfung im Startmenü vorlägen, werden vielleicht nicht direkt gefunden, über das Startmenü folglich aber gar nicht erst anwählbar.
Für Software, die wir häufig verwenden oder im Handumdrehen griffbereit haben wollen, gibt es nach wie vor den Desktop, auf welchem sich Ordner erstellen oder Verknüpfungen ablegen lassen – alles beim Alten.
Dass die Modern Ui und das Nichtvorhandensein des guten, insbesondere alten Startmenüs eine gewisse Eingewöhnungszeit erfordert, gerade für solche Benutzer, die sich nicht gerne mit technischen Neuerungen und dem damit verbunden Mehraufwand einer kleineren Umschulung befassen oder anfreunden wollen, stelle ich nicht infrage – das ist durchaus nachvollziehbar. Die ständige Nörgelei über die schlechte, neue Oberfläche, die das Starten von normalen Programmen in erster Linie umständlich und zeitintensiv macht, ist meines Erachtens nicht angebracht, da solch eine Aussage nicht faktenbasiert getroffen wurde und eher auf Meinungsbildung über Meinungen zurückzuführen ist. „Selbst mal ausprobieren“ wäre wohl eine gute Devise.
Ob Windows 8.1 nun gesamt betrachtet ein eher unglücklicher Spagat zwischen neuer und alter Oberfläche ist, sei mal dahingestellt.