Retro-Check: Have a N.I.C.E. day!

Nitro Injection Car Enterprises – klingt nicht unbedingt nach einer einfach zu merkenden Abkürzung, aber ob dieses inzwischen 25 Jahre alte Rennspiel aus Gütersloh den Tag eher versüßen könnte?


Wir schreiben das Jahr 1997. Eine frische auf Rennspiele spezialisierte Spielefirma namens Synetic (damals mit dem Zusatz „The Funfactory“) veröffentlicht im Frühling ihren ersten Titel. Mit einem Namen, den man zu Beginn nicht unbedingt mit einem Rennspiel assoziieren würde. Allerdings schreit der Name förmlich, mit diesem Spiel einen guten Tag zu haben. Schließlich wirbt das Covermotiv damit, mit Retro-Karossen rumzudüsen und die Strecken mit wildem Geballer unsicher zu machen.

Ein Karrieremodus mit drei Rennligen und zwölf Strecken pro Liga und im Tag/Nachtrhythmus warten auf den Spieler. Mit einem Chevy Impala, einem Ford Mustang und einem Synetic-Prototypen mit Raketenantrieb durchkreuzt man abgesperrte Rennstrecken auf der ganzen Welt: Antarktis, Ägypten, Amerika. Dank Abwechslungen wie Straßenunebenheiten, Verengungen, scharfen Kurven oder sogar Loopings kommt dabei keine Langeweile auf und es wird ein wenig Grips erfordert, um die Kurse zu meistern. Erst recht, wenn dabei noch Waffensysteme eingesetzt werden.

Kein normales Rennspiel

Name samt Spitzname, Charakter und eines der zahlreichen Wagenfarben ausgewählt, wird man in eine Garage geworfen, denn herkömmliche Menüs kennt das Spiel so gut wie gar nicht. Wie bei Kinderspielen gibt es irgendwo etwas zum Klicken und mit ein wenig Glück macht die Auswahl Sinn. Warum am äußeren Rand das „Werkzeugkasten“ genannte Einstellungsmenü ist, gehört nicht dazu, jedoch der Start des Rennens, wenn die Garage verlassen wird. Sonst lassen sich Reparaturen vornehmen, Teile kaufen, Statistiken einsehen, Duelle vornehmen oder Trainings durchführen. Man muss alles bloß finden im Menü, das alles andere als normal ist.

Und wenn die Rennen erst losgehen…im Innenraum fällt das Lenkrad auf, dass selbst bei Lenkeinwirkungen stocksteif ist. Alle abgesperrten Rennstrecken wirken wie aus dem Baukasten, die Übergänge zwischen den einzelnen Streckenelementen merkt man. Erst eine Gerade, dann eine Kurve, dann wieder Unebenheiten, vielleicht mal eine Sprungschanze, Mischformen gibt es hier nicht. Je nach aktivierten Fahrhilfen müssen selbst große Kurven mit ein wenig Bedacht gefahren werden, jedoch finden sowohl Anfänger als auch Profis ihre Freude am Fahren. Selbst wenn es im Spiel keinen BMW gibt.

Der Wagen kann noch so einen großen Schaden haben, optisch lässt sich das nicht erkennen. Im Laufe der Zeit hört sich der Motor instabil an und Teile fangen an zu wackeln. Entweder repariert man mit einem Reparaturset während der Fahrt seinen Schaden ein wenig oder hält am Pitstop, der allerdings ein wenig braucht. Am Rand schleifen, eine Sprungschanze zu schnell genommen, Fahrzeuge gerammt, der Schaden kann ohne Upgrades an der Karosserie rasant ansteigen.

Ein N.I.C.E.s Leben

Zwingend gewinnen steht dank eines Punktesystems nicht auf der Agenda, wobei der Bestplatzierte 10 Punkte bekommen kann, da kann man sich kleine Aussetzer erlauben. Schäden am Fahrzeug werden ohne Extrakosten repariert, Schäden an den Zusatzteilen bitten den Spieler jedoch zur Kasse. Wer ohne großes Geballer spielt, wird im Shop dank rotierendem „Ausverkauft!!!“-Hinweis keine Waffen kaufen können. Stattdessen gibt es Aufrüstungen, um die Leistung und das Handling zu verbessern oder die Karosserie insofern zu verstärken, dass die Schäden sich größtmöglich minimieren. Für sehr kleines Geld werden Extras angeboten, die keinen Mehrwert bieten und offenbar dazu dienen, sowas wie Siegeszigarren oder einen Fuchsschwanz zu kaufen, wenn man nicht weiß, wohin das hart Ersparte investiert werden soll.

Nach jedem Rennen gibt es von einem Piloten namens „Hellcat“ einen sarkastischen Kommentar, passend zur jeweiligen Situation. „Schade, dass alle anderen extra langsam gefahren sind.“ gibt es etwa zu hören, wenn der erste Platz erreicht wurde. „Na? Steht Dein Chef hinter Dir?“ kommt hin und wieder beim Beenden des Spiels. Je nachdem, ob die eigene Kiste im Büro stark genug war, um das Spiel ausführen zu können. So viel zur Motivation des Spielers.

Spannende Rennen werden geboten, wenn der Schwierigkeitsgrad und die Rundenanzahl erhöht, die Fahrhilfen reduziert und mit beiden Waffentypen – sowohl defensive als auch offensive – gespielt wird. Waffen verhindern problemloses Durchkommen und bei höheren Rundenzahlen sind Pitstops fast schon unausweichlich. Und gerade bei einem Krieg auf der Strecke sind Upgrades an der Karosserie schon eine feine Sache. Die Munition ist allerdings relativ streng limitiert.

69

Auf einem zeitgemäßen System (Intel Pentium 133, 64MB RAM, Matrox Mystique, Windows 95a) ruckelt das Spiel auf höchsten Einstellungen teilweise kräftig, jedoch genügt es schon, die Texturqualität runterzusetzen, um eine gute Balance aus Spielbarkeit und Aussehen zu schaffen. Auf einem etwas späteren System (Intel Pentium II 350, 256MB RAM, 3dfx Voodoo3 3000, Windows 98 SE) ruckelt es nur in den Außenperspektiven leicht, sonst ist es mehr als spielbar. Allgemein rennt das Spiel ziemlich gut über dem Bildschirm. Mithilfe von Wine lässt sich der Titel sogar problemlos unter Linux spielen.

Als Hintergrundbeschallung belässt es Synetic bei Heavy Metal, wovon es nicht viel Auswahl gibt, aber dennoch nicht nervig klingt und gut zum Spiel passt. Die Motorengeräusche unterscheiden sich gar nicht, sind allerdings nicht die Besten, die man in Rennspielen zu hören kriegt. Sofern man die Waffen im Spiel aktiviert, erhöht sich die Dichte an möglichen Sounds, die dann schon etwas zu viel des Guten sein können. Was bei einem Schlachtfeld allerdings völlig normal ist.

Die Grafik war schnell veraltet und wegen fehlender Glide-Option gehörte diese selbst 1997 nicht zur Schönsten seiner Art. Dennoch ist sie für Non-3dfx-Grafik hübsch anzusehen und erlaubt sich in dieser Kategorie wenig Negativpunkte. Wie schon erwähnt gibt es die SVGA-Pracht sogar schon auf Rechenknechten, die eher zur unteren Mittelklasse gehörten. Und dafür, dass es keine sündhaft teure Kiste damals brauchte, um SVGA-Grafik mit Spielbarkeit nutzen zu können, verdient dieses Spiel hier großes Lob.

Sei nett zu uns: Fazit

Wer „Have a N.I.C.E. day!“ spielt, kann definitiv erzählen, einen schönen Tag gehabt zu haben. Denn Actionraser kommen dank der rockigen Aufmachung mit hochmodifizierten und aufrüstbaren Retro-Fahrzeugen sowie der Möglichkeit, sich mit defensiven und offensiven Waffen gegenseitig schrottreif zu machen, voll und ganz auf ihre Kosten. Da kann man darüber hinweg sehen, dass die Auswahl etwas dürftig ist und die Strecken nicht sonderlich toll präsentiert werden. Trotzdem macht es Spaß, den virtuellen Mitstreitern der Liga den Tag mit kräftigen Schüssen oder fahrerischem Können zu versauen.

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Bewertung: 5.0/5 (5)

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Kommentare

2 Antworten zu „Retro-Check: Have a N.I.C.E. day!“

  1. Avatar von Danielle de Teba Bergener
    Danielle de Teba Bergener

    Das Spiel gab es damals tatsächlich bei Aldi zu kaufen, ja damals gab es nicht nur den Rechner dort sondern auch die passenden, aktuellen Spiele gleich dazu. Populous 3, Pod, Rent a Hero, Vangers, Have a nice day, Moto Racer 2, Need for Speed 2 und Little big Adventure 2 bekam ich von dort.

  2. Avatar von Dominik
    Dominik

    Leider damals an mir vorbei gegangen. Ich bin erst mit dem zweiten Teil eingestiegen. Fand das Spiel ziemlich cool 😎

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