
„Merke auf, Kind: Der Äther ist der Quell all unserer Magie und durchzieht die Welt wie ein dünner Faden, an manchen Stellen stark, an Anderen wiederum schwach. Unser Wille und Handeln allein entscheiden, ob Chaos oder Ordnung unser Sein bestimmen: Der Äther versklavt Diejenigen, welche folgen, und zerstört alle Anderen, die sich ihm verweigern!“
Auch wenn dies nun kein wirkliches Zitat aus dem Spiel selbst ist, orientiert es sich an eben diesem. Aber was hat es auf sich mit „Etherlords“? Können die inzwischen über GOG.com erhältlichen Teile 1 und 2 tatsächlich faszinieren? Oder ist das Spiel doch nur eher ein standardisiertes wie auch lustloses Plagiat weit größerer Vorbilder? Ich würde sagen, dass entscheiden wir gemeinsam in dem folgenden Test wie auch gern weiterhin in den Kommentaren.
Inhalt
Die Etherlords-Saga unterteilt sich inzwischen in zwei Teile auf. GOG.com bietet beide Spiele unabhängig zum Kauf an, leider jedoch nicht als Komplettpaket. Dennoch lohnt es sich beide Spiele zusammen hier zu beschreiben und auch in ihrer Erzählung bauen diese aufeinander.
Als Grundelement der gesamten Welt von Etherlords wird der „Äther“ genannt: Ein großer Fluss aus weißem Äther, der in der Mitte des Universums entspringt, teilt sich in vier gleichmäßige Strömungen auf – eine Kraftquelle, die als Magie bezeichnet wird. Die Welt selbst wird von vier verschiedenen Rassen bewohnt, die sich jeweils die Macht einer dieser Ätherströmungen zu Nutze gemacht haben: Die aggressiven Chaosianer, die sich Rudeln fortbewegen und wilde Kreaturen wie Wölfe, Ratten, Orks sowie Kobolde herbeirufen können. Zu ihren magischen Fähigkeiten gehören Blitze bis hin zu mächtigen Erdbeben. Dann gibt es die Kineten, die eher auf Wasser- und Wind-Magie setzen. Nur ihnen ist es möglich, die gewaltigen Drachen herbeizurufen. Die dritte Partei sind die Vitali, die Macht über viele Tiere und Pflanzen in der Natur haben. Daher kämpfen Schlangen, Zecken, Bienen usw. auf Seiten der Vitali. Die vierte und letzte Rasse nennt sich Syntheten und besteht aus einer Mischung von Mensch und Maschine. Im Kampf setzten sie mechanische Würmer oder sonstige mit Messern bewaffnete Maschinen ein.
Geführt werden diese Parteien von den so genannten Lords, Herrscher ihrer jeweiligen Rasse. Mit Hilfe des Äthers errichten diese Burganlagen, zähmen Monster, graben Minen, trainieren Helden und arbeiten an den magischen Fähigkeiten. Bis eines Tages die Planeten wieder alle in einer Reihe stehen und der weiße Äther gebündelt auf die Welt strömt. Wenn diese Sternenkonstellation erreicht ist, kann Einer der Herrscher im „Tempel der Zeit“ aufsteigen. Er wird dann der Weiße Lord genannt und kann entsprechend die komplette Magie in sich bündeln.
Etherlords 1
Im ersten Teil werden wir als Spieler nunmehr initial mit dieser Welt konfrontiert und müssen nach Wahl der Seite erkunden was es nun mit den kommenden Veränderungen auf sich hat – zur Wahl setehen jeweils die Vitali / Kineten und Chaosianer / Syntheten. Dabei kann es durchaus passieren, dass man mit zunächst Verbündeten oder gar Freunden brechen muss. Am Schluss steht die Konfrontation mit dem Weißen Lord selbst, aber bis dahin sind noch einige Hürden zu nehmen und zahlreiche Lektionen in der Kunst des Krieges wollen schmerzlich gelernt werden!
Etherlords 2
Der zweite Teil greift die vorangegangenen Ereignisse auf und erwähnt nunmehr auch namentlich direkt zu Beginn die Figur der Diamanda, welche durch Experimente der Syntheten verändert wurde. Sie taucht nun als eine Art Hybrid auf und verbreitet eine Krankheit, welche den Opfern all ihre Energie und damit die Lebensgrundlage entzieht. Die jeweiligen zwei Seiten verbleiben wie auch im ersten Teil und der Spieler muss sich für eine Partei entschließen. Am Ende jedoch wartet das Spiel mit einem kompletten Epilog auf, in welchem man dann die Rolle der Diamanda übernimmt und herausfindet wer tatsächlich hinter all den Vorgängen der magisch verursachten Krankheit steckt! Mehr sei aber an dieser Stelle auch nicht verraten.
Atmosphäre und Spielmechanik
„Etherlords“ ist ein rundebasiertes Strategiespiel. Aus der isometrischen Perspektive steuern wir als Spieler unseren jeweiligen Helden über eine Karte und überdenken die einzelnen Züge wie auch Vorgehensweisen ohne weitere Einflüsse oder Hektik. Allerdings bietet das Spiel auch weit mehr, denn die Kämpfe selbst geschehen mit einem sog. Schriftrollen-Set. Die einzelnen Schriftrollen sammelt man als Trophäen aus den verschiedenen Konfrontationen. In der Anwendung haben sie verschiedene Auswirkungen und rufen Monster / Kreaturen herbei oder beschwören mächtige, elementare Kräfte als Zerstörung oder Unterstützung. Auch erhält der Held nach Kämpfen, besonderen Funden von versteckten Orten und Schätzen wie auch erledigten Aufgaben Erfahrungspunkte und kann Fertigkeiten, Lebens- und Magiepunkte steigern bzw. ausbauen.
Die zwei Teile unterscheiden sich in ihrer grundlegenden Spielweise nur insoweit, dass „Etherlords 2“ weit näher mit der Kamera am Geschehen ist und etwas mehr Vielfalt in Sachen Aufgaben mit sich bringt. Ansonsten sind Kämpfe und Fortbewegung an das rundenbasierte Konzept gebunden, welches dennoch sehr fordernd sein kann, sofern zum Beispiel der Gegner einen vollkommen unerwarteten Zug tätigt und eine Kreatur beschwört, der unsere Verteidigung kaum etwas entgegensetzen kann. Hierbei unterscheidet das Spiel nochmals zwischen passiven und aktiven Kreaturen.
Diese sind leicht zu unterscheiden, da die jeweiligen Punkte für „Angriff“ und „Verteidigung“ eingeblendet werden. Wenn nun eine gegnerische Kreatur mit einem höheren Angriffswert attackiert unterliegt unsere natürlich folgerichtig. Das sorgt in den Kämpfen für reichlich Dynamik!
Grafik und Sound
Aufgrund des Alters dürften beide Spiele im Vergleich zu heutigen Produktionen sicherlich nicht mehr als „zeitgemäß“ gelten. Von daher ist auch hier die Einordnung als „Good Old Games“ korrekt. Allerdings hat NIVAL hier einen kleinen Trick verwendet und die Spielwelt eher mit Comic-Elementen versehen. So entsteht ein eher ungebundenes Gesamtbild und auch heute wissen beide Spiele zu begeistern in ihrer audiovisuellen Darstellung. Ein Wehmutstropfen ist jedoch, dass die Bildschirmauflösungen relativ fix vorgegeben sind. Die interne Architektur erlaubt sicherlich auch Veränderungen, jedoch wird die Oberfläche nicht mit skaliert. Das bedeutet eben, dass man durchaus eine Skalierung des gesamten Bildes vermeiden kann dafür dann aber auch eine abgeschnittene Oberfläche akzeptieren muss.
Es ist daher nicht ratsam die Auflösung intern durch Manipulation der Konfigurationsdateien zu verändern. Das Ergebnis wäre nur zur Hälfte tatsächlich befriedigend. Hier hätte NIVAL vielleicht doch noch etwas Abhilfe schaffen können. Dem eigentlichen Spiel jedoch bringt dies keinen allzu großen Schaden! Unter Linux lassen sich die beiden Klassiker problemfrei wie auch unter Windows installieren. Empfehlenswert wäre aber auch gerade für Linux die Kontrolle, ob eine 16Bit-Farbtiefe konfiguriert ist. Gerade für „Etherlords 1“ ist das essentiell wichtig!
Resümee
„Etherlords“ wirkt teils immer noch wie ein Zusammenspiel vieler einzelner Komponenten: Der Sammeltrieb aus einem System wie „MAGIC – The Gathering“, Rollenspielelemente und Entdeckerfreuden aus einem „Heroes of Might & Magic“. Kann das denn begeistern? Klare Antwort: Natürlich! Auch wenn die Erzählweise der Geschichte doch etwas bieder zunächst wirkt, können sowohl „Etherlords 1“ als auch „Etherlords 2“ faszinieren. Der Reiz entfaltet sich hierbei nicht in pompös inszenierten Zwischensequenzen sondern eben schlicht wie einfach durch die Handlungsweisen des Spielers selbst. Allerdings muss man auch hierzu schon etwas resistenter gegenüber Frustrationen sein: Die „Etherlords“-Saga ist nur bedingt einfach gehalten. Wählt man eine eher ungünstige Kombination der Karten respektive Schriftrollen zu Beginn hat man es im weiteren Verlauf nicht gerade einfach. Daher gilt auch der Leitsatz: Lieber einmal mehr sichern als keinmal!
Die Geschichte rund um den Äther und seinen Einfluss wie auch den schlichten Antrieb von Mächten zum reinen Selbsterhalt ist zwar nur unterschwellig, aber dennoch stets präsent. Gerade der zweite Teil setzt das weit geschickter um mit dem Verweis auf die pure Abhängigkeit, die aber auch zugleich ein Fluch ist: Chaos und Ordnung stehen in steter Konkurrenz. Dennoch hätte NIVAL hier den Spieler etwas mehr bei der Hand nehmen können: An einigen Stellen fühlt man sich schon etwas „verloren“. Aber auch das lässt sich mit etwas Wille zum Risiko bewältigen. Was bleibt sind eben zwei wirklich schöne wie auch alte Spiele, deren Kauf man keinesfalls bereut.
Link zur GOG-Gamecard „Etherlords 1“
Link zur GOG-Gamecard „Etherlords 2“
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